Der Film erzählt die Geschichte einer weiblichen Filmfigur zwischen Wirklichkeit und Fiktion, die durch die Zeit und dabei auch durch einige Filme reist, um am Ende schließlich ›die Einstellung zu wechseln‹. Gli appunti di Anna Azzori ... bezieht sich auf den Film ›Anna‹ von Alberto Grifi und Massimo Sarchielli (1972-75), der einige Monate im Leben einer jungen Ausreißerin gleichen Namens dokumentiert, die ein Kind erwartet und die den Regisseuren im Frühling 1972 auf der Piazza Navona in Rom begegnet. Grifi und Sarchielli bieten ihr Hilfe an; im Gegenzug machen sie Anna zur Hauptfigur eines Filmprojekts, das zwischen Dokumentation und (Re)-Inszenierung, zwischen Empathie, distanzierter Beobachtung und Ausbeutung oszilliert. Anna wird so zur Darstellerin ihres eigenen Lebens.
Gli appunti di Anna Azzori … arbeitet u. a. mit Materialien aus dem Archiv Alberto Grifis, die nicht in den Film ›Anna‹ eingegangen sind, und ist seiner Heldin gewidmet. Er beruht auf Annas fiktiven ›Notizen‹ und versteht sich sowohl als imaginäres Porträt als auch als feministische Antwort auf Grifis und Sarchiellis Werk. Ein Film als ›Spiegel, der durch die Zeit reist‹: eine Figur namens Anna, Daphne oder auch Gemma wandert durch ihre eigene (Film)-Geschichte, aber auch durch Fragmente der Geschichte(n) anderer Filme. Die Vergangenheit (des Archivs) verbindet sich mit der Zukunft: mit der Utopie einer feministischen Politik und eines anderen möglichen Lebens. Eine Einstellung auf dieses mögliche Leben erscheint in der Begegnung mit einigen jungen Frauen, die im Rahmen eines Castings als Annas Wiedergängerinnen, aber auch als ihre Gefährtinnen in den Fragmenten dieses zerbrochenen Film-Spiegels für einen kurzen Augenblick in der Gegenwart aufleuchten.